Salzlandkreis: Verwaltung ein bisschen freier denken

Mit Energie zur Explosion

Was den Salzlandkreis zum innovativen Vorreiter in Sachsen-Anhalt macht.
Und aus welchem Grund Landrat Markus Bauer wurde, was er ist.

Südlich von Magdeburg, im Herzen von Sachsen-Anhalt, liegt der Salzlandkreis. Idyllisch– durchzogen von Flüssen und Tälern, Auen und Wäldern. Knapp fünfzig Kilometer sind es von Bernburg an der Saale bis in die Landeshauptstadt. Dort, in Bernburg, der Kreisstadt des Salzlandkreises, hat auch Landrat Markus Bauer seinen Dienstsitz. Mit Blick auf den Karlsplatz befindet sich sein Büro im Kreishaus I, der ehemaligen Karlskaserne. Entstanden ist das imposante und nach Herzog Alexander Karl von Anhalt-Bernburg benannte Gebäude in den Jahren 1858 bis 1860. Bernburg war seinerzeit noch Garnisonsstandort. Bis nach dem 1. Weltkrieg wurde das Gebäude als Kaserne genutzt. Seit 1959 beherbergt es die Kreisverwaltung.

Bei einer Fläche von 1.426 Quadratkilometern bringt es der Salzlandkreis heute auf knapp 200.000 Einwohner. An deren Spitze steht seit 2014 Landrat Markus Bauer als oberster Kommunalbeamter. Davor war er von 2001 bis 2014 Bürgermeister der Stadt Nienburg (Saale). Der Politiker wurde 1971 in Calbe an der Saale geboren, absolvierte zunächst eine Berufsausbildung im Handwerk, erwarb dann seine Fachhochschulreife. Anschließend verpflichtete er sich für zwölf Jahre bei der Bundeswehr. Während dieser Zeit absolvierte er ein Wirtschaftsrechtsstudium an der Hochschule Anhalt. Seit 2010 ist er auch Gastdozent an der Technischen Universität in Perm (Russland). 2016 wurde er zum stellvertretenden Vorsitzenden der SPD Sachsen-Anhalt gewählt. Markus Bauer ist verheiratet und hat drei Töchter.

 

„Ich bin einer, der nicht stehenbleiben möchte.
Ich will weiterentwickeln.”
Markus Bauer

„Früher bin ich Marathon gelaufen“, erinnert er sich zurück. 2003 reiste er dafür sogar nach Marokko, kämpfte sich 42,195 Kilometer durch die Wüste. Er sei ein sehr aktiver Läufer gewesen, sagt er. Das liege auch an seiner ausgeprägten regionalen Verbundenheit. Er habe immer raus gewollt, die Region erleben wollen. Ganz so viel Sport macht er heute nicht mehr. „Das braucht Zeit“, sagt Bauer. Aber er igle sich privat trotzdem nicht ein. „Ich habe einen großen Freundeskreis, lerne gerne neue Leute kennen.“ Ein typischer Verwalter ist er nicht. „Ich bin einer, der nicht stehenbleiben möchte. Ich will weiterentwickeln“, beschreibt er sich selbst. Deshalb stehe seine Tür auch immer offen für Gespräche miteinander.

Bauer ist Politiker. Er achtet darauf, was er sagt, wie er es sagt – und wie das Gesagte ankommt. Doch redet er vom Salzlandkreis, gerät er ins Schwärmen. Seine Heimat liegt ihm am Herzen. Deshalb tut er, was er kann, damit es den Salzlandbewohnern gut geht. Durch seine ländlich geprägte Struktur könne der Salzlandkreis vieles bieten, was in anderen Regionen erst wieder aufgebaut werden müsse, sagt Bauer. „Wir müssen nichts künstlich aufbauen, sondern gestalten, was wir haben.“ Ob die gelebte Landlust oder eine komfortable Nähe zu Mittelzentren und Großstädten, ob eine ausgewogene Vereinsstruktur oder eine durchaus auch international geprägte Industrie. „WWW“ lautet Markus Bauers Dreiklang. „Wirtschaft, Wissenschaft und Wohnen.“ Zweiteres wird in der Region repräsentiert von der Hochschule Anhalt, an der auch Bauer selbst studiert hat. „Auch die Hochschule ist international ausgerichtet“, sagt der Landrat und betont den wertvollen Transfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft. Darin sieht er große Chancen für Nachwuchs – und den Landkreis. „Der Wohnstandort muss schick sein“, weiß Bauer außerdem. „Sonst will hier keiner wohnen.“ Die Voraussetzungen dafür stimmen im Salzlandkreis. „Bio ist bei uns live“, nennt Bauer das.

 

 

Vor allem aber seien Menschen wichtig, um den Kreislauf aus Arbeiten, Geld verdienen und sich gesellschaftlich einbringen am Funktionieren zu halten. „Wenn ich den halben Tag auf der Autobahn unterwegs bin, habe ich abends keine Lust mehr, etwas zurückzugeben“, erläutert Bauer. Deshalb sei es von besonderer Bedeutung, dass auch Arbeitsplätze vor Ort attraktiv seien. „Das heißt, dass auch die Verwaltung attraktiv bleiben muss als Arbeitgeber“, betont Bauer. „Mitarbeiter müssen gebunden werden.“ Es gehe dabei auch um Nachhaltigkeit. „Wissen und Leute sollen möglichst lange bleiben.“ Die Landkreisverwaltung wolle daher keine staubige Verwaltung sein, sondern sich auch kreativ entwickeln. „Wir wollen den Perspektivwechsel üben“, sagt Bauer.

 

„Wer sich wohlfühlt, ist auch gesünder, motivierter.”
Markus Bauer

 

Der Landrat wird konkret: „Wir haben die Bedürfnisse unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter analysiert.“ Dreh- und Angelpunkt war dabei schnell eine ausgewogene Work-Life-Balance. Die Lösung: ein lebensphasenorientiertes Lebensarbeitszeitmodell für die gut 860 Mitarbeiter der Landkreisverwaltung. Angelehnt an das Modell der Salzlandsparkasse, die selbiges schon früher eingeführt hat, und in Zusammenarbeit mit der Deutschen Beratungsgesellschaft für Zeitwertkonten und Lebensarbeitszeitmodelle (DBZWK) entwickelte der Landkreis sein ganz eigenes Modell: „FREIRÄUME“. Und der Salzlandkreis geht damit innovativ voran, denn er ist der erste Landkreis in Sachsen-Anhalt, der seinen Beschäftigten etwas in dieser Form anbietet.

„Wer eine Familie gründen will oder einen Hausbau plant, leidet unter der hohen Belastung, wenn er das neben der Arbeit tun muss“, so Markus Bauer. Oder umgekehrt: „Wer konsequent am Haus arbeitet, ist auch schneller fertig. Er gewinnt Freiräume.“ Bauer sieht vor allem in der Fokussierung Vorteile: „Der Mitarbeiter kann sich auf sein Privatleben und auf seine Arbeit jeweils klar konzentrieren.“ Und „FREIRÄUME“ biete noch weitere Möglichkeiten. Man könne zum Beispiel seinen Lebensabend früher genießen. Oder den Wert der Familie hochhalten und gemeinsam länger in Elternzeit gehen. Auch die Pflege von Angehörigen sei mit dem Modell ohne Einschränkung möglich. Bauer erinnert auch an die heutige Gesellschaft: „Eine Weltreise zu machen oder im Ausland Sprachen zu lernen, ist heute nicht mehr unüblich.“ Dafür könne man mit „FREIRÄUME“ Zeitwert ansparen. „Und daraus ergibt sich auch wieder ein Benefit für die Verwaltung.“ Wenn dann beispielsweise ein Mitarbeiter seine frisch erworbenen Sprachkenntnisse im Berufsalltag anwende.

Wieso überhaupt „FREIRÄUME“? Mit dem Modell biete der Salzlandkreis seinen Mitarbeitern Entscheidungsfreiheit und Gestaltungsfreiräume, sagt Markus Bauer. „Und unter dem Begriff kann sich auch jeder etwas vorstellen.“ Nach den Herausforderungen rund um die Einführung gefragt, antwortet Bauer klar: „Das frühzeitige Einbeziehen von allen relevanten Beteiligten. Und das Ganze so aufzubereiten, dass es jeder versteht.“ Landrat Markus Bauer möchte Verwaltung ein bisschen freier denken. Und er tut es. Die Einführung des Zeitwertkonten-Modells zeigt dies beispielhaft – auch wenn der Start nicht ganz einfach war. „Am Anfang denkt man, dass das nichts wird. Man gibt Energie rein, muss warten können, handeln. Und dann plötzlich explodiert es.“ Dass sich die Energie lohnt, davon ist er überzeugt: „Wer sich wohlfühlt, ist auch gesünder, motivierter.“ So wie er selbst. „Ich habe Lust zu gestalten“, sagt er. „Sonst wäre ich nie Bürgermeister oder Landrat geworden.“ Er will die Region im Team prägen. Und all die Leute mitnehmen, die Lust darauf haben.

zurück zu Praxisbeispiele

St. Elisabeth Stiftung: Profile – Arbeitgeber im Porträt, DBZWKZeitgeist, Gelebte Vielfalt: die St. Elisabeth-Stiftung in Bad Waldsee, DBZWK