Generation Z – selbstbewusst, familienorientiert und regeltreu
Rund 13 Millionen Menschen werden in den nächsten Jahren dem Arbeitsmarkt in Deutschland den Rücken kehren. Das befeuert den Fachkräftemangel. Arbeitgebende fragen sich: Wie die Lücke schließen? Die aktuell in den Arbeitsmarkt drängende Generation Z hat dazu ihre eigenen Vorstellungen – Zeitwertkonten für die junge Generation bieten spannende Perspektiven.
Studien über die Generation Z gibt es mittlerweile viele. Aber welche Ziele verfolgen diese jungen Menschen, die nach der Generationenforschung in jener Kohorte zusammengefasst werden, die zwischen 1995 und 2010 geboren wurden? Sind deren Eigenschaften wirklich so neu und fremd für die derzeit das wirtschaftliche Leben bestimmende Generation X und die Babyboomer? Der ehemalige Innenminister Thomas de Maizière (CDU) wetterte als Präsident des Evangelischen Kirchentags über die Generation Z. Den Begriff „Work-Life-Balance“ nannte er „abstrus“. Damit verbinde sich für ihn eine Anspruchshaltung dieser Generation, die sich dadurch äußere, dass sie zu viel an sich selbst denken würde und nicht an die Gesellschaft. „Am siebten Tage sollst du ruhen, heißt es in der Bibel. Das bedeutet ein Verhältnis von sechs zu eins. Und nicht, dass die Freizeit überwiegt“, so der CDU-Politiker. „Mit Mitte 20 drei, vier Tage die Woche zu Hause arbeiten, um gegen 22 Uhr bei Lieferando noch einen Champagner zu bestellen. Und der Lieferant in prekären Arbeitsverhältnissen radelt mit der Flasche im November durch den Regen, darf dann hochsteigen in den fünften Stock. So entsteht keine soziale Gesellschaft.“
Wie weiter mit der jüngeren Generation – können Zeitwertkonten die Generation Z an Unternehmen binden?
De Maizière ist mit dieser Meinung nicht allein. Auch Europapark-Chef Roland Mack schimpft über die Zler: „Da kommen 25-Jährige und wollen nur drei Tage arbeiten – dabei haben die das ganze Leben noch vor sich, könnten hier etwas werden, Verantwortung übernehmen, Karriere machen.“
Für Mack ist das alles ein „Riesenproblem“, zu dem er auch das Homeoffice zählt. „Nicht strukturell, das wäre für viele möglich, aber wenn ich an die Gleichbehandlung denke: Das geht einfach nicht“, so der Europapark-Chef. Wie weiter mit der jüngeren Generation, fragen sich auch viele Unternehmerinnen und Unternehmer sowie deren Personalverantwortliche. Wir wollen dieser Frage und der Frage, ob Zeitwertkonten, wie sie beispielsweise die DBZWK anbietet, für die Generation Z eine Relevanz haben auf den Grund gehen und haben dazu nicht nur eine umfangreiche Literaturrecherche angestellt, sondern sind auch nach Augsburg gefahren, um mit Rüdiger und Hartwin Maas von der Maas Beratungsgesellschaft ein ausführliches Gespräch zu der Generation Z zu führen. Die Brüder sind seit 2005 im Beratungsgeschäft tätig und haben sich 2012 mit ihrer Unternehmensberatung selbstständig gemacht. Rüdiger Maas, studierter Psychologe und Philosoph, hatte längere Arbeits- und Forschungsaufenthalte in Japan (wo er auch studierte), Neuseeland, Nepal, Syrien, Kenia, den USA und der Schweiz. Er arbeitete bis zu seiner Selbstständigkeit als beratender Psychologe vor allem in der Lebensmittelindustrie und kümmert sich jetzt schwerpunktmäßig um die Themen Generation Z und Alpha, Rekrutierung, Prozessoptimierung sowie Organisations- und Personalentwicklung. Unterstützt wird er dabei von seinem Bruder Hartwin, der einen völlig anderen Werdegang aufzuweisen hat: Er ist studierter Wirtschaftsingenieur und Master of International Business und arbeitete mehrere Jahre
in den Niederlanden und in Malaysia für die Logistik- und Automobilindustrie. Seit über 18 Jahren ist Hartwin Maas nun als Berater für Unternehmen branchenübergreifend tätig und begleitet sie bei der Entwicklung ihrer Zukunftsstrategien. Gemeinsam gründeten die Brüder die Maas Beratungsgesellschaft mbH und das europaweit bekannte Institut für Generationenforschung. Hier ist Hartwin Maas für die Bereiche Trend- und Zukunftsforschung verantwortlich.
Einmalige Kombination aus Psychologie und Wirtschaft
Aus dieser für die Beraterbranche einmaligen Kombination aus Psychologie und Wirtschaft haben die Brüder ein Geschäftsmodell entwickelt, das Generationenforschung mit Zukunftsforschung vereint. Im Gespräch fallen natürlich einige Namen von populären Zukunftsforschern. „Ich will hier niemandem zu nahetreten und keine Kollegenschelte betreiben. Aber bei so manchen frage ich mich schon, warum die Leute auf deren Aussagen noch was geben“, meint Rüdiger Maas, „wenn noch keine ihrer Zukunftsvisionen der letzten zwanzig Jahre eingetroffen sind.“ Doch wir wollen uns nicht mit eitlen und elitären Wissenschaftlern aufhalten, sondern auf den Kern unseres Besuchs zu sprechen kommen. Was hat es mit der Generation Z wirklich auf sich und wie sollen sich Arbeitgebende auf diese Generation einstellen? Können Langzeitarbeitszeitkonten, Wertguthabenkonto oder Lebensarbeitszeitkonten die Generation Z locken?
Rüdiger Maas hat dazu im Jahr 2018 eine umfangreiche Studie erstellt. Über sieben Monate wurden rund 2.500 16- bis 23-Jährige in zwei Phasen befragt. „In der ersten Phase waren wir in Schulen, Ausbildungsakademien und Hochschulen mit Hunderten Seiten von Papier in der Hand unterwegs.“ Die meisten der jungen Leute hätten Spaß am Ausfüllen gehabt. Auch die Lehrkräfte seien sehr offen für die Befragung gewesen. Rüdiger Maas zitiert die Leiterin einer Ausbildungsakademie: „Bitte führen Sie die Befragung bei uns durch. Ich mach den Job seit zwanzig Jahren. Aber diese Generation verstehe ich nun wirklich nicht mehr.“ Parallel hätten sie in Phase zwei die Fragebögen online über Social-Media-Kanäle gestreut und damit die Jugendlichen an verschiedenen Schulen und Hochschulen auch bundesweit angeschrieben. Seine Ergebnisse verglich das Team aus Psychologen und Soziologen vom Institut für Generationenforschung mit älteren Studien wie der Jugendstudie des Deutschen Jugendinstituts München (DJI) aus dem Jahr 2002. „So gewannen wir eine spannende Vergleichsmöglichkeit, wie sich die Einstellungen Jugendlicher innerhalb von 17 Jahren in Deutschland verändert haben“, erklärt Rüdiger Maas.
Hubertus Heil: „Junge Leute sind nicht arbeitsscheu.“
Wie lauten nun die Studienergebnisse? Werden die (Vor-)Urteile vor allem von Vertretern der älteren Generationen bestätigt oder hat der deutsche Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD) recht, wenn er sagt: „Ich habe nicht den Eindruck gewonnen, dass die jungen Leute arbeitsscheu sind oder nicht arbeiten wollen. (…) Wir müssen schon dafür sorgen, dass die Arbeit besser zum Leben passt, zu unterschiedlichen Lebenssituationen.“
Rüdiger Maas bringt das Ergebnis seiner Studie auf den Punkt: „Wir konnten zeigen, dass die Generation Z anders tickt als all ihre Vorgängergenerationen – und auch andere Ansprüche an die Arbeitgeber hat.“ Zudem haben sie im Institut für Generationenforschung seit Beginn der Coronapandemie regelmäßige repräsentative Befragungen durchgeführt. „Hier konnten wir ein charakterisierendes Merkmal der Generation Z ausmachen: die Regeltreue.“ In Zahlen ausgedrückt bedeutet das, dass während der Coronapandemie auf die Frage „Findest Du die Vorgaben der Regierung sinnvoll?“ 66,23 Prozent der Generation Z mit „Ja“ antworten, während bei den Babyboomern dies nur 42,55 Prozent taten. Nein-Stimmen gab es bei der Generation Z nur 12,83 Prozent. Dagegen gaben 44,72 Prozent der Babyboomer zu Protokoll, dass sie die Vorgaben der Regierung nicht für sinnvoll erachten würden.
Generation Z am wenigstens anfällig für Verschwörungstheorien
„Diese Generation ist auch am wenigstens anfällig für irgendwelche Verschwörungstheorien“, resümiert Rüdiger Maas und bricht eine weitere Lanze für die Zler. „Die Leistungsbereitschaft dieser Generation ist eindeutig da. Wir, und damit meine ich alle Arbeitgebenden und jene, die diese Generation verstehen wollen, müssen uns besser in die Situation dieser jungen Menschen eindenken.“ Damit meine er eben gerade nicht, den Überbietungswettbewerb von irgendwelchen Zusatzangeboten noch weiter nach oben zu fahren. „Damit korrumpieren wir diese junge Generation. Die wenigsten wollen mit einem Geschäftswagen gelockt werden. Vielmehr wollen sie die Chance bekommen, etwas zu bewegen““, so der Psychologe. Zusammenfassend habe die Studie ergeben, dass die Zler sehr selbstbewusst seien. „Über 80 % blicken sehr positiv und selbstbewusst auf die Arbeitswelt. Die meisten kommen aus behüteten Verhältnissen; das Auffangnetz der Eltern ist quasi immer da.“ Freizeit und Familie seien ihnen deutlich wichtiger als Karriere oder Geld. Dies habe auch mit einem Wertewandel zu tun. „Sie definieren sich nicht nur über Arbeit. Hobbys, Reisen oder Mode sind ebenso wichtig.“ Am Arbeitsplatz spiele das Arbeitsklima eine enorme Rolle. „Ein angenehmes Arbeitsklima ist die wichtigste Erwartung. Auch feste Strukturen, also klare Arbeitszeiten und eine deutliche Abgrenzung zum Privatleben, haben eine sehr hohe Priorität.“ Weshalb Zeitwertkonten der DBZWK für die Generation Z eine gute Möglichkeit darstellen, geleistete Stunden zu sammeln, zu sichern und bei Bedarf im Rahmen eines Sabbaticals oder einer verlängerten Elternzeit in Anspruch nehmen zu können.
Für die „Generation Ungewissheit“ sind Eltern die wichtigsten Verbündeten
Rüdiger Maas bezeichnet die Zler auch als „Generation Ungewissheit“, weil sie mit enorm schnellen Veränderungen in Gesellschaft und Arbeitswelt großgewordenseien. Welches Studium ergreifen? Gibt es den heute gewählten Job in zehn Jahren überhaupt noch? Welche Aussagen sind angesichts von Fake News und „Lügenpresse“ überhaupt noch verbindlich? Dass dies deren Entscheidungen nicht leicht mache, sei verständlich. Dass dadurch auch ein Rückzug ins Private erfolge, nicht selten zu den Eltern, die ihnen Sicherheit geben würden, die logische Konsequenz daraus.
„Zumal sich die Eltern heute als die wichtigsten Verbündeten verstehen. Zler grenzen sich immer weniger gegenüber ihren Eltern ab“, meint der Psychologe und nennt dazu den Fachbegriff: „Neo-Konventionalismus“. Und schließlich sei das Internet für diese Digital Natives 2.0 in jeder Lebenssituation unerlässlich. „Sie können damit alles machen, sie können sich über Instagram zu etwas Besonderem stilisieren und viele von ihnen tun das auch.“
Selbstbewusst, familienorientiert, online individualistisch, offline konservativ, ungeduldiger, digital intuitiv, regeltreu – auf diese sieben Eigenschaften bringt Rüdiger Maas mit seinem Team die Generation Z nach Auswertung der Studie. Aber was hat das für Konsequenzen? In ihrem Buch zur Studie, das die Maas-Brüder zugleich als Handreichung für das Personalmanagement und Führungsverantwortliche verstanden wissen wollen, haben sie an diese Zielgruppe 28 Empfehlungen im Umgang mit den Zlern publiziert. Dazu zählen solche wie, Digitalisierung und KI als gegeben anzunehmen und sich den Technologien der Zukunft nicht zu verschließen, denn die sind für Zler „normal“. Oder transparent zu sein, wenn es darum geht, das Unternehmen kennenlernen zu wollen; eine klare Zielgruppenansprache zu treffen („nicht die Generation Y anschreiben, wenn Sie Z ansprechen wollen“); die Rolle der Eltern mitzudenken; sich als Personaler sichtbar im Web zu zeigen und damit auch Nähe zu schaffen. Aber auch Tipps zur Regelung von Überstunden, zum Umgang mit Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen oder zum Verständnis von Teamarbeit hält das Buch bereit.
Erste Ergebnisse zur Generation Alpha liegen vor
„Wir waren selbst von unseren Ergebnissen angefixt und haben deshalb beschlossen, diese Forschungsarbeit weiterzuführen“, verkünden die Maas-Brüder unisono. Auf dieser Basis haben sie 2021 die Generation-Alpha-Studie mit der Befragung von über 1.000 pädagogischen Fachkräften durchgeführt. An diesem Thema werden Rüdiger und Hartwin Maas dranbleiben. „Denn die Kleinsten unter uns (Geburtenjahrgänge ab 2010) wachsen nicht nur mit den digitalen Geräten auf – vielmehr kennen sie gar kein Leben mehr ohne.“ Das würde die Gesellschaft nochmals komplett verändern.
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